Ulrich Woelk:
Der Sommer meiner Mutter
Anlass: Kennt ihr das, wenn ihr in ein Buch hineinblättert, lest die ersten zwei, drei Sätze und ihr MÜSST weiterlesen? So ging es mir hier(Ich habe es in der Verlagsvorschau des Beck Verlags gesehen und als Rezensionsexemplar bekommen, danke dafür).
Inhalt: Es ist der Sommer 1969, kurz nach der Mondlandung, als Tobias`Mutter sich umbringt. Er ist 10, fast 11 und erzählt uns aus seiner Sicht von ihren letzten Wochen. Von mitgehörten Gesprächen zwischen Vater und Mutter, dass sie „es“ nicht so mag, von neuen Nachbarn mit Ideen von Emanzipation, Mode und Berufstätigkeit der Frau. Von Grillfesten und kleinen Schritten in die Selbstständigkeit seitens seiner Mutter, die sofort als revolutionär wahrgenommen werden(arbeiten von zuhause und die Überlegung, eine Jeans zu kaufen). Und von einer vielleicht entstehenden kleinen Verliebtheit und Anziehung – die unweigerlich ins Chaos führt. Daneben ist Tobias selbst verliebt- und das zum ersten Mal – in die Tochter der neuen Nachbarn und völlig überfordert mit seinen Gefühlen.
Meinung: Was für ein Buch!! Ich frage mich immer, was für romantisierte Vorstellungen andere haben, die sagen, sie würden gerne in früheren Zeiten leben. Schaut euch zB die 60er in Deutschland an: Frauen dürfen nur mit Genehmigung des Mannes arbeiten(bis 1977), das Recht auf Abtreibung existierte nicht, Vergewaltigung in der Ehe war nicht strafbar,.. . All das wird hier leise thematisiert und damit umso deutlicher, denn es liest sich wie ein echter, kindlicher Erfahrungsbericht. Ich war wütend und habe mitgelitten.
Für wen: Alle, die ihre Mütter/Großmütter besser verstehen wollen.