Uwe Neumahr:
Das Schloss der Schriftsteller. Nürnberg ’46 Treffen am Abgrund
1946 kamen einige der bekanntesten Schreibenden des 20. Jahrhunderts zusammen, um für die Weltöffentlichkeit über die Nürnberger Prozesse zu berichten. Vor Ort waren Erika Mann, Erich Kästner, William Shirrer (die amerikanische Stimme von „This is Berlin“), Janet Flanner, Martha Gellhorn, Willy Brandt und viele mehr.
Anhand von Tagebüchern, Briefen, Artikeln und Protokollen erfahren wir, was sie über Nürnberg, die Deutschen, ihre Unterbringung und die Angeklagten während des Prozesses dachten.
Uwe Neumahr protokolliert dies und mehr – auch die Beziehungen zwischen Presse, Dolmetschenden, Richtern und der Bevölkerung ist Thema. Dabei zeigt sich absolut kein einheitliches Bild: je nachdem, wie die Brille der Schreibenden aussah, fällt das Urteil aus – und sehr oft ist auch der Auftraggeber klar, wie das Urteil ausfallen soll, wie man am Rededuell des amerikanischen Chefanklägers Jackson und Hermann Görings sieht. Janet Flanner sah den Ankläger unvorbereitet und naiv – und wurde deshalb ausgetauscht gegen Rebecca West, die grand old lady des britischen Journalismus.
Stellvertretend durch die Augen und Hände der vielen, die berichteten erleben wir die Stimmung im Jahr 1946 und wie Deutschland mit ihnen umging.
Nicht die Angeklagten sind bei Uwe Neumahr die Hauptsache, sondern die, durch deren Augen die Welt diesen Prozess beobachtete.
Das Pressecamp war eingerichtet im Schloss derer von Faber-Castell, geschlafen wurde auf Feldbetten, gegessen meist aus Konserven, es gab zu wenige sanitäre Anlagen und die Moral war lax – das Schloss der Schriftsteller ist nur dem Namen nach das, was wir heute unter logieren in einem Schloss verstehen würden.
Das Schloss der Schriftsteller ist penible Aufarbeitung der Berichterstattung rund um die Nürnberger Prozesse mit vielen biografischen Details, Begegnungen atmosphärisch dicht und historisch exakt.